Rock n´Roll ist (fast) wie Design Thinking

Johannes 2014

Johannes Meyer unterstützt neben der Konzeption und Moderation offener Methodentrainings, Organisationen in kompakten Formaten dabei, Design Thinking auf eigene Innovations-fragestellungen anzuwenden. In zahlreichen Projekten hat er Teams aus verschiedenen Industrien bei der kreativen Entwicklung von Produkten, Services, Marken und Prozessen begleitet.
Er war als Lehrer in Sri Lanka und studierte in Potsdam und Atlanta Kulturwissenschaften, Medien und Betriebswirtschaft. Nach dem Zusatzstudium an der D-School wurde er Design Thinking Consultant bei SAP und arbeitete an Innovationen für Rechnungswesen, Handel und Banken. Neben seiner Arbeit ist er Sänger der Berliner Rockband DOWN TO NINE, begeisterter Koch und Rucksackreisender.

 

Jochen: Hallo Johannes, toll, dass Du Dir Zeit für ein Interview nimmst. Ich kenne Dich ja vor allem von der „Workshop-Bühne“ als wunderbaren Moderator von Design Thinking Workshops – was hält denn der Rocker in Dir von Deiner „Bühneshow“ bei Workshops?

Johannes: Vielleicht überrascht das, aber zwischen Workshops und einem Auftritt mit einer Rockband gibt es unglaublich viele Parallelen: Es geht darum Menschen mitzureißen, einen „Flow“ entstehen zu lassen – dabei sich selbst als Person treu zu bleiben und im Team zu funktionieren. Dabei findet jeder seine goldene Mischung aus akribischer Vorbereitung und Improvisation.

Jochen: Und wie würde das klingen, wenn der Design-Thinker bei der Band zum Mikrophon greifen würde?

Johannes: Tatsächlich ist eine Band aus meiner Sicht auch nichts anderes als ein komplexes Designteam. Eine Gruppe von Menschen mit verschiedenen Stärken, Schwächen und Perspektiven versucht in einem gemeinsamen kreativen Prozess etwas zu schaffen, das vorher noch nicht da war. Dabei kommen meiner Meinung nach viele Design-Thinking-Prinzipien zum Tragen.

Jochen: Das interessiert mich nun. Hast Du da Beispiele dafür?

Johannes: Auch in der Musik gibt es so etwas wie qualitative Designforschung – also Gelesenes, Gehörtes, neu Kombiniertes, das einen inspiriert. Nichts kommt von nichts. Dabei darf man sich nicht auf das beschränken was Hörer sich wünschen, denn dann kopiert man letztendlich nur Dinge, die es schon gibt.

Und dann: Auch musikalische Ideen müssen durch Machen bzw. Spielen und Ausprobieren weiterentwickelt werden. Je mehr man nur redet, desto ermüdender wird es, da bei vier verschiedenen Instrumenten sowieso jeder eine andere Sprache spricht und man sich ständig missversteht. Das gleiche kennt man aus Meetings, in denen allein durch diskutieren komplexe Innovationsfragestellungen gelöst werden sollen. Egal ob im Proberaum oder im Innovationsprojekt – man beschäftigt sich mit Dingen, die noch nicht da sind. Ohne ausprobieren, zeigen, anschaulich machen geht es einfach nicht.

Jochen: Ein Instrument spielt sich eben auch nicht von alleine. Welche Übereinstimmung siehst Du noch?

Johannes: Kreative Arbeit in einer schreibenden Band braucht aus meiner Sicht eine Menge Disziplin. Jemand muss den Prozess moderieren, Entscheidungen erzwingen, der Schlagzeuger muss auch mal still sein können (natürlich ein völlig zufällig gewähltes Beispiel). Diesen Bedarf an Struktur sehe ich auch in Innovationsprojekten.

Desweiteren werden unsere Rocksongs bei uns so wie Produkte und Services iterativ entwickelt: Von einem kleinen Fragment, das aufgenommen wird über viele Proberaumaufnahmen zum schicken Studio-Track. Wir haben auch schon Stücke auf der Bühne „geprototyped“, die noch nicht fertig waren, zu denen wir aber Feedback von unseren Fans brauchten.

Und schlussendlich: Das Ganze ist anstrengend, erfordert Geduld, Empathie und viel Zuhören. Wenn einem einzigen Teammitglied die Konzentration fehlt ,wird es für alle unproduktiv und man sollte lieber eine Pause machen.

Jochen: Viele Menschen verzweifeln meiner Meinung nach oft an dem Glauben, sich entscheiden zu müssen zwischen verschiedenen Vorlieben oder Dingen, die man gerne tut und auch gut kann. Du lebst das UND finde ich sehr gut und bist Design Thinker UND Musiker. Wie fühlt sich das UND an für Dich?

Johannes: Völlig gut natürlich – halt Rock n´ Roll den ganzen Tag. J

Jochen: Was ist denn dann Dein Tip für alle, die im „ENTWEDER – ODER“ feststecken?

Johannes: Vielleicht liegt eine mögliche Lösung darin, den gemeinsamen Kern von Liebhabereien und Projekt oder Job hauszuarbeiten? Was steckt wirklich dahinter, wenn du lieber ein Café hättest als ins Büro zu gehen? Ist es die alchemistische Kunst am Kaffee? Das Gastgeber sein? Oder das Gefühl einen „eigenen Laden“ zu haben? Vielleicht sind solche Dinge ja auch im Job vorhanden oder integrierbar und können als übergreifende Eigenschaft ausgelebt werden.

Jochen: Thema „kreativ sein“ – wir reden ja in unseren Workshops viel vom „kreativ sein“ und was es dafür braucht. Stimmt das so für Dich als Rockmusiker auch? Wie bist Du beim Musikmachen kreativ? Und kann sich der Design Thinker da noch was abgucken davon?

Johannes: Das ist eine wirklich spannende Frage.

Eine neue Idee entsteht in unserer Band meist aus einem Wechsel aus alleine zu Hause rumklimpern, im Proberaum gemeinsam probieren, dann wieder alleine Texte schreiben, gemeinsam probieren, bis am Ende einer den Deckel drauf macht und sagt: Aus all diesen Experimenten schlage ich diesen fertigen Song vor!

Jochen: Das heißt, ihr sitzt dafür nicht alle die ganze Zeit gemeinsam im Studio?

Johannes: Nein, absolut nicht. Dieser kreative Prozess hat interessanterweise eine ganze Menge eher kontemplative Rückzugsphasen. Ich glaube, dem könnten wir im Design Thinking oft noch mehr Raum geben.

Jochen: Vielleicht so, wie das in der Theory U gemacht wird? Spannende Übereinstimmung.

Johannes: Ja, zum Beispiel! Wenn wir Teamarbeit als Zusammenarbeits-Imperativ erzwingen, überfordern wir manche Menschen, die einfach auch ein stilles, zurückgezogenes Ambiente zum kreativ sein brauchen. Interessanterweise habe ich für mich erkannt: Auch wenn ich viel auf Bühnen stehe, sind meine Kreativ- und Erholungsphasen solche, in denen wenig passiert und ich allein bin. Letztens hat mir jemand gesagt, dass das dafür spricht, dass ich eigentlich ein introvertiert veranlagter Mensch bin. Wenn ich das Menschen in meinen Workshops oder bei Konzerten erzähle, lachen sie mich allerdings aus.

Jochen: Stimmt, das mag man Dir als „Rampensau“ so gar nicht zutrauen. Ich kenne das aber auch von mir! Letzte Frage: wann starten wir unser nächstes Buchprojekt und über was wollen wir schreiben?

Johannes: Als ich englische Linguistik studiert habe wollte ich ein Buch nur über das Wort FUCK schreiben, und träumte davon wie es, in roten Samt eingebunden und mit goldenen Lettern in Universitätsbibliotheken stehen würde. Das Projekt ist noch offen.

Davon abgesehen – wann sollte man ein Buch schreiben? Wenn man etwas zu sagen hat? Lass uns eins schreiben wenn wir glauben etwas verstanden zu haben.

Jochen: Darauf freue ich mich heute schon. Vielen Dank für Deine Zeit und weiterhin viel Spaß beim Rocken und Workshopen.

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Photo von Boris Kownatzki von b.bildert.

„Du spürst, wenn die Kreativität raus will“

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Der deutsche Trompeter Thomas Siffling ist bekannt für den progressiven Einsatz elektronischer Erweiterungen im Jazz. Seit Jahren gehört zu den Vorreitern und Wegbereitern der „Jungen“ deutschen Jazzszene und machte sich einen Namen bei unzähligen Gastauftritten auf der ganzen Welt (Russland, Indien, Sri Lanka, Kanada und ganz Europa).

Selbst sieht er sich als Grenzgänger, der Genres verbindet und Rahmen sprengt, Jazz und Popmusik aufeinander treffen lässt, diese durch elektronische Elemente erweitert und aber nie seine musikalischen Wurzeln außer Acht lässt.

Thomas Siffling kreiert eine wundervolle, intensive Klangerfahrung, die durch die Verschmelzung natürlicher und elektronischer Sounds entsteht. Eine Klangerfahrung, die nicht zuletzt dank seiner eigenen Kompositionen weltweit Anerkennung findet.

Seit 2004, also nunmehr 10 Jahren, ist er als Kurator für diverse Projekte im Bereich Musik, Kunst und Kultur tätig, immer mit der Maxime Raum für Innovation, Kreativität und Begegnung zu schaffen.

 

Jochen: Hi Thomas, vielen Dank, dass Du Dir Zeit nimmst für ein paar Fragen von mir. Du bist Trompeter, Bandleader, Komponist, hast ein eigenes Label, organisiert Festivals – bei solch einer Vielfalt: ist das mehr Stress oder willkommene Abwechslung für Dich?

Thomas: Na über all zu viel Freizeit kann ich mich sicherlich nicht beklagen –  aber Spaß beiseite: Meine wirklich vielfältigen Betätigungsfelder erfordern einen strikt durchgeplanten Tagesablauf, denn sonst wäre das alles nicht zu bewerkstelligen. Da ich aber ein strukturierter Mensch bin, fällt mir das nicht allzu schwer.

Interessant wird es natürlich auf Konzertreisen, da man da die tägliche Routine nicht mehr hat. Dafür habe ich ein System, dass ich immer und von überall auf alle meine Daten zugreifen kann. Insofern ist das arbeiten von fast jedem Platz in der Welt möglich. Sicherlich hilft mir aber auch ein gut funktionierendes Büro mit meiner Assistentin Laura und meinem Pressechef Christian sehr.

Jochen: Du bist von berufswegen kreativ – fällt Dir das immer leicht? Bzw. was brauchst Du, um kreativ zu sein?

Thomas: Nein ganz und gar nicht. Denn Kreativität braucht eigentlich Zeit, und das ist das, was ich in der Regel sehr wenig habe.

Ich muss mir von daher die Zeit nehmen kreativ zu sein. Der erste Schritt muss aber im Kopf passieren. Du musst auch bereit sein, kreativ zu werden. Man kann das nicht erzwingen. Ich brauche, sehr zu meinem Leidwesen, immer einen relativ hohen Druck bis ich wirklich anfange kreativ im musikalischen Prozess zu werden. Die alltägliche Kreativität im kuratieren im Marketing und in der Label Arbeit fällt mir da schon einfacher.

Jochen: Wie würdest Du denn Kreativität definieren?

Thomas: Du spürst Sie, wenn Sie da ist oder besser gesagt raus will. Raus will sie z.B. beim Komponieren oder bei Erschaffen von etwas neuem. Plötzlich ist es da und du spürst es und es fühlt sich gut an. Sei es eine tolle Melodie oder eine Idee für eine Konzertreihe. Ist egal du spürst dass es da ist. Sei es bei einem Konzert, wenn du in der Musik aufgehst, und spürst, dass es wie von alleine läuft.

Jochen Du machst Dir neben Deiner Musik auch viele Gedanken, wie Du davon gut leben kannst. Wie kommt es,  wo doch die viele Musiker sich ganz ihrer Kunst widmen?

Thomas: Ich will mich natürlich auch ganz der Kunst widmen, aber will dabei auch nicht auf ein für mich „gutes“ Leben verzichten. Durch meine Vita habe ich schon früh vielseitige künstlerische Betätigungsfelder gehabt, die mir sicherlich dabei helfen meinen/unseren Lebensstandard aufrecht zu halten.

Generell geht es aber auch da immer um Kunst und Kreativität. Denn meiner Meinung nach, genügt es Heute auch nicht mehr, „nur“ noch Künstler zu sein. Du musst lernen dich selbst zu vermarkten, Dir Gedanken machen über eine Karriereplanung, Konzerte organisieren, Musik schreiben etc. pp. Also ein vielschichtiger Beruf.

Allerdings bewundere ich auch die Kolleginnen und Kollegen, die nicht bereit sind Kompromisse zu machen und die wirklich nur für Ihre Musik leben.

Jochen: Also muss ein Musiker heutzutage auch Geschäftsmann sein? Und wenn wo kann er das dann lernen?

Thomas: Wie oben beschrieben gehört meiner Meinung nach Heute viel mehr dazu als „nur“ ein guter und toller Musiker zu sein. Du muss heutzutage auch einen gewissen Sinn fürs Geschäft haben. Anders wirst du dich sonst aus der großen Masse nur noch mit sehr sehr viel Glück hervorheben können.

Das ist meiner Meinung nach das große Problem an unserem Ausbildungssystem. Der neuen Situation wird, wenn überhaupt nur am Rande, Rechnung getragen. Es wird viel zu viel ausgebildet, und dabei vergessen, dass man eben neben seinem Handwerk auch das Drumherum lernen muss.

Jochen: Dein Sohn trommelt ja schon eifrig auf seinem ersten Schlagzeug – kann er da was von seinem Vater dem Musiker lernen?

Thomas: Na ja der erste Hype ist schon wieder vorbei. Er trommelt nur noch wenn Freunde da sind um anzugeben.

Aber das kommt sicherlich wieder wenn er wieder regelmäßig auf Konzerten ist.

Ich denke er lernt keine Kreativität, er sieht eher wie sein Vater viele Sachen vielleicht etwas anders und entspannter macht. Wir versuchen im viel Freiheit zu lassen aber doch auch klare Grenzen zu ziehen, damit er sich entfalten kann und dann auch natürlich in einer Art und Weise kreativ wird. Er darf uns soll viel ausprobieren und wir trauen ihm auch viel zu bzw. lassen ihn Sachen auch ausprobieren.

Jochen: Du hast als Leiter der SAP Big Band mit ganz viel IT-Experten in der Band zu tun – Glück oder Herausforderung?

Thomas: Beides. Glück dass ich das Glück, habe eine Big Band formen und musikalisch nach vorne bringen zu dürfen, was mir immer noch sehr viel Spaß macht.

Herausforderung sicherlich ab und zu mit der Mentalität, die dann doch ab und zu sehr verschieden zu meiner sein kann. Aber alles in allem ist es eine wirklich glückliche Ehe mit ganz normalen Hochs und Tiefs. Ich von meiner Seite kann und will nicht klagen.

Jochen: Last but not least: ich spiele ja bald das gleiche Instrument wie Du und freue mich riesig drauf. Wie wichtig ist denn gutes Werkzeug für die Kunst?

Thomas: Das Werkzeug wie Du so schön sagst gibt uns ja erst die Möglichkeit unsere Kreativität oder unsere Musik in unserer persönlichen Art erklingen und erstrahlen zu lassen.

Insofern ist es ganz wichtig das richtige Werkzeug zu haben um sich auf der Seite sehr wohl zu fühlen und das Gefühl zu haben alles auch so ausdrücken zu können wie man es sich musikalisch vorstellt. Ohne Kompromisse. Auch wenn die Trompete ein Instrument ist das immer wieder neu erobert werden will und muss J

Manchmal ist die Reise eine lange und schmerzvolle und manchmal will es der Zufall dass man gleich zum richtigen Material geführt wird. Wobei man bei seiner musikalischen Entwicklung durchaus das Ein oder Andere mal nachjustieren muss und darf.

Jochen: Dank Dir und ich freue mich bald wieder was Neues von Dir zu hören.

 

„Design Thinking ist wie ein Besuch beim Optiker“

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Der Design Thinking Coach Ferdinand Grah ist ein Kind des Ruhrgebiets und inspiriert von der stetigen Neuerfindung dieser Region. Er fand früh seine Leidenschaft zur Kreativität und Innovation. Dies spiegelte sich u.a. in seiner Tätigkeit als Kabarettist und Musiker wieder. Er hat insgesamt 4 Bühnenprogramme geschrieben, so dass Storytelling, kreatives Schreiben, Improvisation und Spontanität absolut keine Fremdwörter für ihn sind.

Ach ja, und die typischen Eigenschaften des “Ruhrpöttler” besitzt er natürlich auch. Er trägt sein Herz am rechten Fleck, ist direkt, mit beiden Beinen auf dem Boden und ein klein wenig verliebt in diesen Dortmunder Fußballverein.

In seiner beruflichen Tätigkeit als Senior Expert, in den Bereichen  Produkt-, Prozess- und Service Design, war er u.a. bei IBM und Porsche beschäftigt und hat mit über 18 Berufsjahren ein breites Spektrum an Erfahrungen gesammelt.

Ferdinand Grah ist Absolvent des Professional Education Program der HPI School of Design Thinking in Potsdam, einem Schwesterinstitut der d.school in Stanford, sowie Absolvent der Porsche Akademie zum Thema Lean Management und schlanke Produktentstehung.

Daneben verfügt er über ein ausgeprägtes Netzwerk zu Design Thinkern und Lean Experten in der ganzen Welt. Auf Symposien und Veranstaltungen spricht er regelmäßig  zu den Themen Innovation, Design Thinking, Lean Thinking und Kreativität.

…und wenn er mal nicht über neue Ideen redet, liebt er drei Dinge: Seine Familie, Jazz und Bücher.

 

Jochen: Hi Ferdi, vielen Dank, dass Du Dir ein wenig Zeit nimmst für ein paar Fragen von mir. Da ich weiss, wofür Dein Fussballherz schlägt, liegt die erste Frage auf der Hand: was ist mit Deinem BVB los?

Ferdi:  Also da sag ich nur “Fail early and often”, wobei die Betonung ganz klar auf  “often” liegt! Bloss nicht nervös werden!

Jochen:  Kann da vielleicht Design Thinking helfen?

Ferdi: Ja natürlich, alleine die Erkenntnis, dass man aus den Fehler lernt. Wobei mir wichtig ist, dass die Betonung darauf liegt, AUCH aus Fehlern zu lernen, da man immer natürlich auch aus den Dingen lernt, die man richtig gemacht hat. Hier hilft mir immer das Feedback Grid  (“I like, I wish, Ideas, Questions) Aber auch das nicht zu schnell Aufgeben ist hier sicherlich eine Hilfe, Geduld haben und immer wieder iterieren, ausprobieren, lernen und reflektieren.

Jochen: Wobei kann denn Design Thinking grundsätzlich helfen?

Ferdi: Bei ganz vielen Dingen finde ich. Für mich ist das eine Art Struktur oder Leitplanke, in der ich mich austoben kann mit meiner Kreativität. Dinge einfach zu tun und nicht nur darüber zu sprechen. Design Thinking hilft hier zu lernen und Dinge anders zu sehen. Für mich ist Design Thinking wie ein Besuch beim Optiker, der mir eine neue Brille verpasst: Du siehst auf einmal Dinge, die du vorher nicht gesehen hast. Daher bedeutet für mich Design Thinking auch „Sehen lernen“. Design Thinking sollte man nicht nur auf den Output beschränken. Lerneffekte hast Du über den gesamten Prozess!

Jochen: Und warum stören dabei Krawatten?

Ferdi: Weil diese die Sauerstoffzufuhr zum Hirn einschnüren! Ich könnte jetzt noch etwas dazu sagen – aber weniger ist ja manchmal mehr – ich lasse das mal einfach so stehen.

Jochen: Du bist Design Thinker UND Lean Thinker. Wie passt das eine mit dem anderen zusammen?

Ferdi: Weniger ist mehr, Dinge zu vereinfachen, zu verschlanken ist im Lean Management sehr wichtig. Dies spielt auch im Design eine wichtige Rolle. Auch das Hinterfragen, so kommt z.B. die Methode 5 Whys aus dem Lean Management. Die verwende ich und andere auch im Design Thinking in der Research Phase. Aber am meisten verbindet die beiden Mind Sets das „Just Do it“ bzw. das “Go and See”

Jochen:  Thema Kreativität: wie und wann und wo bist Du kreativ?

Ferdi: Beim Spazierengehen, beim Musik machen aber eigentlich immer und überall. Manchmal stehe ich sogar nachts auf und schreibe mir Ideen in mein kleines schwarzes Notizbüchlein.

Jochen: Kann man kreativ sein Deiner Meinung nach lernen?

Ferdi: Ja, kann man schon, wobei ich sagen muss, dass ich mich mit dem „ja das kann jeder“ schwer tue, da man auch bestimmte Eigenschaften braucht, wie Empathie, neugierig sein, über den Tellerrand blicken, usw. Diese Eigenschaften hat nicht jeder, so dass ich sagen würde, lernen kann es jeder aber jeder ist dann nicht auf dem gleichen kreativen Level.

Jochen: Und warum haben wir das verlernt?

Ferdi: Wir haben verlernt miteinander zu kommunizieren, ich meine hier miteinander zu sprechen. Mein Jahrgang wird sich wahrscheinlich noch daran erinnern an dieses „miteinander Reden“. Unsere Gesellschaft heute ist hektisch und die Kommunikation findet meistens über Social Media statt und verrückte Dinge zu tun oder auszuprobieren hat keinen Platz.

Jochen: Du machst ja auch Musik –  was kann der Musiker lernen vom Design Thinker? Und umgekehrt?

Ferdi: Um Brad Mehldau zu zitieren: “Im Akt des Versuchens liegt eine wunderbare, starke Erfahrung des Ausdrucks”

Jochen: Letzte Frage: wie geht es aus mit dem BVB? Abstieg oder Champions League? 

Ferdi: Nächste Frage bitte! – Natürlich Champions League!

„Anyone can make the simple complicated. Creativity is making the complicated simple.“
 – Charles Mingus 

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Wenn sich Helden aufmachen

Nina_TrobischNina Trobisch liegt die kreative Entwicklung von Mensch und Organisation am Herzen.
Sie ist Theaterwissenschaftlerin und Dramadozentin, Systemischer Coach und Gestalttherapeutin sowie Initiatorin des Heldenprinzip®. Als Dramaturgin für Veränderung begleitet sie mit ihrer Firma Einzelpersonen, Teams und Unternehmen.
Zudem ist sie Lehrbeauftragte an der Universität der Künste in Berlin. Die Verknüpfung von sinnlichem Erleben, modernem Wissen und mythologischer Substanz, ist das, wozu sie beitragen will.

 

Jochen: Vielen Dank, dass Du Dir Zeit für ein Interview nimmst. Wer war der Held Deiner Kindheit? Und warum?

Nina: Der Held, nein besser die Heldin meiner Kindheit ist Aschenputtel. Ich blättere oft in meinem wunderschönen Bilderbuch. Ein Bild, ganz grau und staubig, zeigte sie matt und erschöpft in der Küche, auf einem anderen erstrahlte sie in einem traumhaft glitzerndem Kleid und sie zog alle staunende Blicke auf sich.  Ein krasser Unterschied, den ich liebte.
Wenn ich mir heute überlege, was mich an ihr beeindruckt hat, war es wohl ihr Wille und ihre Kreativität, sich von Gemeinheit, Bosheit und Elend nicht unterkriegen zu lassen. Sie hat immer wieder Ideen, findet Auswege und Lösungen in ihrem Dilemma, suchte Hilfe und wird am Ende mit der Liebe belohnt. Das ist doch schön.

Jochen: Ich kenne die Heldenreise aus meiner Ausbildung zum Gestalttherapeuten als sehr intensive Selbsterfahrung. Wie seid ihr auf die Idee gekommen die Heldenreise auf Innovationsprozesse bzw. Organisationsentwicklung anzuwenden?

Nina: Die „Heldenreise“, von der Du sprichst, benennt einen Seminartitel von Paul Rebillot. In seinem Konzept hat er das Grundmuster des sogenannten Monomythos in kongenialer Art für ein Seminar genutzt, was durch einen kreativen Selbsterfahrungsprozess zur Selbsterkenntnis führt. Den Monomythos wiederum hat Joseph Campbells in seinem Buch „Der Heros in tausend Gestalten“ eingeführt.

Jochen: Was verbirgt sich denn hinter diesem Monomythos?

Nina: Also, da ich muss einen kleinen Umweg machen, um Deine Frage zu beantworten: Seit es Menschen gibt, gibt es Veränderung und die Überlieferung damit verbundener Erkenntnisse. In Mythen und Geschichten wurden Fakten, Erlebnisse und Gefühle zusammengefasst, die Menschen mit dem universellen Thema Veränderung erfahren hatten. Das Erstaunliche daran ist, dass sich in diesen Geschichten – aus allen Zeiten und Kulturen – ein typisches Grundmuster verbirgt, so wie auch die Natur mit dem Rhythmus der Jahreszeiten einer inneren Struktur folgt. Wir alle kennen diese Struktur „Aufbruch-Abenteuer-Rückkehr“ von Filmen und Geschichten, aber auch aus Medienberichten und dem eigenen Leben. Immer handelt es sich um eine oder mehrere Personen, die den risikoreichen Weg vom Vertrauten ins Ungewisse wagen.

Der Mythenforscher Joseph Campbell nun hat Erzählungen von Helden aus aller Welt analysiert und daraus die Essenz gefiltert, die er  „Monomythos des Helden“  nannte. Diese Akteure – ob fiktiv oder real,  ob Mann oder Frau, ob Kind oder Jugendlicher, ob heute oder gestern, ob viele oder einer…. gehen einen Weg, begeben sich auf eine abenteuerliche Reise, auf eine „Heldenreise“.

Jochen: Der Monomythos also als „Blaupause“ für Veränderungsprozesse. Das ist spannend. Und diese Blaupause verwendet ihr in Euer Arbeit mit Firmen und Organisationen?

Nina: Ja genau. Denn viele Unternehmen glauben immer noch, dass sie mit einem Mehr an Planung, Steuerung und Kontrolle ein Gegengewicht zur den schnelllebigen immer komplexeren Dynamiken schaffen. Doch damitwirklich neue Prozesse in Gang gesetzt werden, braucht es meiner Meinung nach viel mehr Kompetenzen im Umgang mit Ungewissheit, sprich: Mut, Kreativität, Verantwortung, Selbstbestimmtheit und Intuition. Wenn sich heute Menschen, Teams oder Unternehmen mit Change und Innovation „herumschlagen“, meistern sie aus meiner Sicht nichts anderes als „Heldenreisen“ – so wie unzählige Menschen vor ihnen.

Jochen: Und Eure Kunden lassen sich darauf ein?

Nina: In innovativen Unternehmen rennen wir da in der Tat offene Türen ein,  andere sind dagegen eher in ihren Mustern und Handlungsgerüsten gefangen,  sprechen viel von Erneuerung aber suchen Lösungen im „mehr von desselben“.

Unsere Ausgangsüberlegung war, dass uns das Erkennen dieses archetypischen Musters mit seiner in Metaphern verpackten inneren Weisheit hilft, die verschiedenen Ebenen von Erneuerung zu durchdringen und gestalten zu lernen. In unserem Verstehen geht es gerade darum, auch in schwierigen ungewissen Situationen handlungsfähig und kreativ zu sein. Dazu müssen Menschen ihre schöpferische und intuitive Seite herausbilden bzw. dieses Potenzial wieder entdecken. Das braucht andere Werte,  eine andere Führungskultur, mehr Vertrauen in und Fähigkeiten von Menschen, das Zulassen von Emotionalität und Intuition.

Jochen: Das ist dann Euer Heldenprinzip, oder?

Nina: Das Heldenprinzip®  macht den kollektiven Erfahrungsschatz der Menschheit für heute zugänglich. HELD bezeichnet die Akteure der Veränderung und PRINZIP steht für seine universelle Schrittfolge. Seine Struktur schafft einen Orientierungs- und Handlungsrahmen, um inneren und äußere Prozessdynamiken erfolgreich zu gestalten, deshalb nennen wir es „Kompass für Innovation und Wandel“. Vielfältigen Methoden aus Kunst, Systemik, Gestaltarbeit und Management helfen dass die Akteure (Helden und Heldinnen des Veränderungsprozesses) schöpferische Potenziale entfalten, um Krisen, Aufbrüche und Umbrüchen zu meistern.

Jochen: Beschreib doch bitte die Schritte eures Heldenprinzip®?

 Nina: Der Veränderungsprozess, wie ihn das Heldenprinzip® zeigt, findet auf zwei grundsätzlich verschiedenen Ebenen statt:  – die gekannte Welt (gewohnten Muster und Routinen) und die unbekannte Welt (fremdes Terrain und der ungewohnte Herausforderungen). Diese beiden Welten sind durch eine Schwelle getrennt.

Das Geschehen kann man in drei Akte unterscheiden, die sich in ihren Aufgaben und Dynamiken voeneinander unterscheiden:

 1. Akt: Aufbruch:Der Held (Mensch / Team / Organisation) erhält von innen oder außen einen Ruf, sich von der  alten Welt, ihren Mustern und Strukturen zu lösen, um sich für seine Bestimmung ins Ungewisse zu wagen. Eine Not oder eine Vision fordern heraus. Im Fokus steht: Die Entwicklung der Bereitschaft, sich zu lösen, um etwas noch vage Zukünftiges zu erringen.

2. Akt: Abenteuer

Der Held (Mensch / Team / Organisation) bewältigt herausfordernde Bewährungen, bei denen im Voraus nicht klar sein kann, worin sie bestehen. Im Fokus steht hier: Die Öffnung für eine schöpferische Auseinandersetzung in widersprüchlichen Bewährungsproben sowie der Erwerb neuer Denk- und Handlungsmuster.

3. Akt: Rückkehr

Der Held (Mensch / Team / Organisation) wappnet sich, die unbekannte Welt wieder zu verlassen, um die Errungenschaften in der alten Welt, zu entfalten. Im Fokus stehen: Das Auslösen von Wirkung, Implementieren und Verstetigen der erworbenen Kompetenzen.

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Jochen: Hast Du konkrete Beispiele, wie das dann in Projekten mit Kunden aussehen kann?

Nina: Der erste Unterschied liegt natürlich darin, ob wir einen personalen oder einen organisationale Prozess analysieren, begleiten oder reflektieren. Zweifelsohne ist ein Veränderungsprozess, in den viele Menschen oder  sogar Organisationseinheiten involviert sind, schwieriger zu handhaben. Denn die unterschiedlichen Beteiligten sind nicht alle unbedingt an der gleichen Stelle im Prozess. Haben alle den Ruf gehört? Ist er bereits ein gemeinsam geteiltes Anliegen? Sind vielleicht einige schon bereit für den Schwellenübergang ins unbekannte Land, wohingegen andere aber noch tief in der Weigerung stecken?

Ist die Organisationskultur so weit, dass sie die Beteiligen ermutigt, Neues zu erproben; zu üben, auch Fehler machen zu dürfen? Wie geht man mit großen Herausforderungen oder gar teilweisen Niederlagen um? Wie wird nach den großen Prüfungen im Alltag tatsächlich die Erneuerung verankert?  Wie bewusst wird eine Ruhe-und Erholungsphase eingeräumt, um das Unternehmen nicht an den Rand des burn outs zu führen.

Beobachtungen und Wahrnehmungen stehen am Beginn, damit passende Begleitsequenzen gefunden werden, die Jeden wertschätzen. Auf dem Weg soll möglichst niemand „verloren“ gehen. Veränderungsprozesse sind nicht über das Knie zu brechen und nicht von der Stange zu haben. Jeder Prozess muss mit Sensibilität und Kraft gestaltet werden.

Wir bieten u.a. Jahreszyklen für Führungskräfte von Unternehmen an, in dem diese in einer co-kreativen Gemeinschaft lernen, den Weg der Organisation neu zu überdenken, zu spüren und anders zu lenken.

Es gibt viele Ideen für Formate für das Heldenprinzip®  in Organisations – und Personalentwicklung: Workshops, Coaching, Labore, Retreats; denn die Fähigkeit schöpferisch mit Veränderung umzugehen, brauchen wir in vielfältigsten Facetten.

Jochen: Welche Pläne hast Du für die Zukunft? Wie geht es weiter mit dem Heldenprinzip?

Nina: Mein ganz persönlicher Ruf ist es, mit dem Heldenprinzip® und schöpferischen Arbeitsmethoden meinen kleinen Beitrag für das Gelingen des Wandels zu leisten.

Das Forschungsprojekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung „Innovationsdramaturgie nach dem Heldenprinzip“ (2009-2013), eine Kooperation der Universität der Künste und der Hochschule für Technik und Wirtschaft, ging Ende 2013 zu Ende. Seither werden die Ergebnisse und Erfahrungen in der Praxis der Personal- und Organisationsentwicklung von Deutschland, Österreich und in der Schweiz etabliert; über interaktive Vorträge und konkrete Angebote für Einzelpersonen, Teams und Unternehmen.

Um die Verbreitung, aber auch die Qualität der Arbeit zu sichern, bieten wir an der Universität der Künste| Berlin Career College eine Weiterbildung mit Hochschulzertifikat an. Hier bieten wir Experten, die professionell in Innovations- und Veränderungsprozessen tätig sind, (Trainer, Berater und Change Begleiter) eine „schöpferische Gebrauchsanleitung“ für den kunstvollen Umgang mit Veränderung an. In zwei Kurse a drei Modulen erweitern die Teilnehmenden ihr  Know How um archetypische (mythologische), dramaturgische, künstlerische und psychologische Dimensionen der Veränderung. Sie erhalten damit außergewöhnliche Impulse für Diagnose, Begleitung und Reflexion von Veränderungsprozessen und methodische Inspiration für ihre berufliche Praxis. (www.innovation-heldenprinzip.de)

Jochen: Und zu guter Letzt: wie würden denn der Held Deiner Kindheit heutzutage mit dem Wunsch nach Innovation umgehen? Was kann eine Firma von ihm lernen?

Nina: Tja, welche Innovation könnte sich Aschenputtel wünschen?

Geht es um das Finden innovativer Produkte oder eine Maschine, mit der sie die Erbsen sortieren kann (denn die schönen Kleider machen es überhaupt erst möglich, dass sie Eintritt ins Schloss erhält und die Täubchen helfen ihr beim Erbsenauslesen)?

Ich glaube, dass es vielmehr um eine Haltung zum Leben geht: Nicht aufgeben – Freunde gewinnen, die helfen – kooperieren. Sie hält nicht fest an den ach so wichtigen Dingen (der goldene Schuh klebt an der Treppe fest, sie geht ohne ihn weiter. Sie bleibt trotz schlimmer Erfahrungen im Vertrauen, dass das Gute sich durchsetzen wird und das Gemeine, Habsüchtige und nur auf den eigenen Vorteil bedachte Handeln letztendlich den Kürzeren zieht. Selbst wenn die bösen Schwestern dem gierigen Rat der Mutter folgend sich die Füße verstümmeln lassen um als Königin in Geld und Reichtum zu schwelgen, wird ihr Verhalten ruchbar und bestraft.

 Das könnte eine Firma von Aschenputtel lernen – nicht nur den eigenen Vorteil zu sehen, sondern das Wohl des Ganzen im Blick zu behalten.

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„Augen auf. Ohren auf. Herz auf.“

IMG_6420_web-001Gina Schöler, Glücksministerin und Kommunikationsdesignerin M.A.
„Seit 2014 führe ich als selbständige Kommunikationsdesignerin und Glücksministerin, die sich mit ganzem Herzen dem Glück und der Gestaltung widmet, diese großartige Kampagne weiter. Als Kommunikationsdesignerin behandle ich das Thema „Glück und Wohlbefinden“ von einem ganz anderen Blickwinkel aus: Mit viel Kreativität, spielerischem Herangehen, Humor und Interaktivität fordere ich mit dieser Kampagne die Menschen heraus, sich mit diesem wesentlichen Thema zu beschäftigen. Als Glücksministerin möchte ich mit meiner Arbeit einen sinnvollen, nachhaltigen und glücklichen Beitrag zu unserer Gesellschaft leisten. Im Rahmen dieser Tätigkeit biete ich u.a. Seminare, Workshops, Vorträge und Veranstaltungen an, die zu den Ideen und Zielen der Kampagne „Ministerium für Glück und Wohlbefinden“ beitragen.“
 

Jochen: Hi Gina, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst für ein Interview. Du strahlst wie immer mit der Sonne da draussen um die Wette, darum erübrigt sich meine erste Frage vielleicht fast schon: wann warst Du zuletzt glücklich?

Gina: Ich habe das große Glück, eine kleine Pausen-Heldin zu haben, die mich regelmäßig daran erinnert, abzuschalten, rauszugehen und die kleinen Momente wertzuschätzen. Gretel ist ein fröhlicher Straßenmix aus Rumänien und weiß das Leben wirklich zu schätzen. Und wenn man gerade wieder vertieft in die Arbeit ist und sie dich anstubst, ist die Welt in Ordnung, egal, wie hektisch es gerade außenrum ist. Das letzte Mal glücklich war ich heute Morgen (Montag!) – eine Powerwoche liegt vor mir, aber wenn man im Nebel am Neckar entlang läuft und die Sonne sich durchkämpft, kann man nur glücklich sein.

Jochen: Was heißt es denn für Dich „glücklich“ zu sein?

Gina: In eben diesem Moment zufrieden sein, sich wohl fühlen, den Kopf auch mal abschalten können (nicht immer leicht…), Sorgen vergessen, dem Leben vertrauen, das Positive sehen und stärken, anderen etwas Gutes tun, Freude in den kleinen Dingen finden. Glücklich sein bedeutet für mich, die Balance für mich persönlich zu finden zwischen Gas geben und bremsen, Freude und Unglück, Ruhe und Aktion. Auf sein Bauchgefühl hören, Wünsche erfüllen, Entscheidungen treffen, im Hier und Jetzt leben.

Jochen: Du möchtest mit Deinem Ministerium für Glück Menschen dazu ermutigen um- und neu-zudenken. Wie ist diese Initiative entstanden?

Gina: Das ganze Projekt entstand aus einer Semesteraufgabe im Masterstudiengang Kommunikationsdesign an der Hochschule Mannheim im November 2012. Ich feiere mit dem MfG also 2jähriges, Wahnsinn!
Aufgabe war es, eine Kampagne zu gestalten, die in unserer Gesellschaft einen Wertewandel initiiert, anstößt und begleitet. Wie können wir auch in Zukunft nachhaltig, gut und somit auch glücklich leben? Was müssen wir dafür tun und ändern? Sich auf das Wesentlich zurückbesinnen, nicht im Hamsterrad durchdrehen, vor lauter Konkurrenz- und Leistungsdruck den Blick für das Schöne im Leben verlieren… So ist die Metapher des MfG entstanden, anhand der die große Frage nach dem guten Leben transmedial nach außen kommuniziert wird und Deutschland sich auf kreative Weise fragen kann, was uns denn eigentlich glücklich macht.

Jochen: Ja, was macht uns denn glücklich? Kann man „glücklich sein“ vielleicht sogar lernen?

Gina: Ja, definitiv. Üben kann man es zumindest prima! Hier verweise ich gerne auf das Glücksspiel des MfG, es enthält mittlerweile bis zu 75 verschiedene Alltagsaufgaben, die einem mit den verschiedensten Mitteln klarmachen, wie einfach es sein kann, etwas für das eigene und das Glück der anderen beizutragen. Manchmal ist es der selbstgebackene Kuchen, der Tag Auszeit, eine Kissenschlacht oder ehrenamtliche Hilfe, eine nette Notiz im Briefkasten oder ein Kompliment. Sich selbst und anderen eine Freude machen, unverhofft und selbstverständlich, macht mächtig Spaß und vor allem nachhaltig glücklich. Und wenn man sich einfach bestimmte Gewohnheiten antrainiert, dann steigert sich das Wohlbefinden maßgeblich!
Und mit einer Portion Kreativität findet man ganz schnell selbst noch jede Menge Aufgaben und Glückspotenzial für den eigenen Alltag!

Jochen: Du bist Glücksministerin UND Designerin und damit auch von Berufswegen kreativ. Was bedeutet es denn für Dich „kreativ“ zu sein?

Gina: Ich finde, kreativ sein bezieht sich nicht nur auf das Gestalterische oder Grafische, es bezieht sich auf fast jede Lebenslage. Querdenken, um die Ecke denken, vorausdenken, mitdenken und vor allem auch -fühlen. Neugierig sein. Wahrnehmen. Wenn man Empathie mit Kreativität vereint, wird es richtig spannend! Vielleicht ist es wirklich das Geheimrezept, was dieses Projekt für mich zu einem „Lebensprojekt“ hat werden lassen, zumindest vom Thema her!

Jochen: Empathie mit Kreativität verbinden, da lacht natürlich mein Design-Thinker-Herz. Und was brauchst Du um kreativ sein zu können?

Gina: Ruhe, Spannung, Aktion, Pausen, Reisen, Menschen, Eindrücke, Sinneswahrnehmungen, Natur – das sind ein paar Sachen, die ich „brauche“ bzw. die mir helfen, neue Ideen entstehen zu lassen. Manchmal reicht aber auch eine Badewanne oder eine Portion Halbschlaf.

Jochen: Macht kreativ sein glücklich?

Gina: Dafür müsste man vielleicht erst einmal „kreativ“ definieren. Aber ich denke, Menschen, die wirklich von innen heraus kreativ sind, Ideen haben, Innovationen entstehen lassen und somit im Flow sind, sind daher auch glücklich. Vielleicht nur für den Moment, in dem die Idee entsteht, aber etwas Neues schaffen und erleben ist ein wichtiger Teil zum Glücklich(er) werden, auch laut der Positiven Psychologie.

Jochen: Oder sind gar nur glückliche Menschen kreativ?

Gina: Nein, das denke ich nicht. Es gab seit jeher schon immer kreative Künstler, die sogar auch schwer depressiv waren. Bei mir persönlich ist es aber so, dass am besten authentische Ideen entstehen, die Hirn und Herz beinhalten, wenn ich mit allem im Reinen, ausgeglichen und fröhlich bin. Wenn dann noch ein gutes Team außenrum ist und man sich gegenseitig die Bälle zuspielen kann, kann eigentlich fast nichts mehr schief gehen.

Jochen: Zu guter Letzt: ein Tipp von der Expertin für ein kleines bisschen mehr Glück?

Gina: Augen auf. Ohren auf. Herz auf.

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