Weil alles mit einer Begegnung beginnt

8 Musiker und eine tolle Frontfrau auf einer Bühne in einem Wohnzimmer mitten in der Karlsruher Oststad? Geht nicht glaubst Du?

Mothership Caldonia hat bei meinem Sofa Concert No. 42 am letzten Samstag recht eindrucksvoll bewiesen, dass das doch geht.

Was für ein Abend mit toller Musik einen einem rappelvollen Wohnzimmer mit vielen netten Menschen, tollen Gesprächen, viel Lachen, Flirten, gut gekühlten Getränken und ganz viel Begegnung. Da räume ich am Morgen danach sehr gerne auf. Denn letztendlich wünsche wir uns doch alle gute und echte Begegnungen? Und wenn ich die bei meinen Sofa Concerts ermöglich kann, dann öffne ich meinen Wohnungstüre sehr gerne.

Denn wenn Menschen sich begegnen, dann passiert was. Dann entstehen gute Gespräche, spannendes Kennenlernen und mitunter Freundschaft und mehr.

Daher bin ich sehr gerne Gastgeber beim Wohnzimmerkonzert. Und mindestens genauso gerne Moderator, Facilitator und Coach bei den unterschiedlichsten Workshop-Formaten. Denn unabhängig davon ob es um innovative Produkte und Dienstleistungen. persönliche Fragen oder Team- oder Organisationsentwicklung geht: alles fängt aus meiner Sicht mit echten Begegnungen zwischen den Teilnehmern an. Mit, wie der Gestalttherapeut in mir sagen würde, KONTAKT zu mir und den Menschen um mich herum.

Ich freue mich daher sehr auf viele spannende, bereichernde, herausfordernde und schöne Begegnungen und Kontakte in 2020, die ich mit-ermöglichen kann. Beim SofaConcert oder im Workshop.

„Alles was sich gut anfühlt, hilft mir kreativ zu sein.“

Monika Roscher ist eine deutsche Jazz- und Independent-Gitarristin, Komponistin, Sängerin und Bigband-Leiterin. Roscher wuchs in Langenzenn auf und studierte Jazzgitarre und Komposition an der Musikhochschule München. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit gründete sie 2012 die Monika Roscher Bigband. Die Band sorgte mit ihrer Mischung aus Bigband-Bläsersätzen, Elementen aus Rock, Pop und Electro, sowie filmisch anmutenden Klangdramaturgien landesweit für Aufmerksamkeit.

Jochen: Hi Monika, toll, dass Du Dir Zeit für meine Fragen nimmst. Wir hatten ja vor kurzem ein tolles Konzert mit Dir und ich hab Dich in sehr unterschiedlichen Rollen erlebt. Du bist Gitarristin, Komponistin, Bandleader und Manager Deiner eigenen Big Band. Ist diese Vielfalt mehr Stress oder Abwechslung für Dich?

Monika: Tatsächlich würde ich gerne noch mehr Musik machen und komponieren können, und die Konzerte und Proben per Gedankenübertragung planen. Auch wäre Beamen gut, dann müsste man keine Busse und Fahrten für 19 Musiker organisieren. Manchmal hätte ich gerne einen Sekretär der mir sagt: „Es ist alles ist schon geplant, viel Spass bei der Tour!“ Aber wie in jedem Job gibt es Sachen die macht man gerne und andere müssen halt auch gemacht werden.

Jochen: Wie kam es zu dieser bunten Kombination? Wie viel war davon geplant, wie viel ist einfach passiert?

Monika: Das war alles tatsächlich ein voller Überfall, hätte mir das jemand mit Anfang 20 gesagt dass ich mal ne Bigband habe, hätte ich diese Person für verrückt erklärt. Aber so ist es gekommen und ich bin sehr froh! Wir haben im dem letzten Hochschuljahr für Bigband schreiben sollen, und das hat mir und den Musikern so viel Spass gemacht, dass ich als Abschlusskonzert dann alles mit Bigband gespielt habe. Und da war ein Mischer und Produzent in diesem Konzert, der danach meinte dass er uns gerne aufnehmen würde. So ging das los.

Jochen: In meiner Arbeit mir Firmen, Organisationen und Teams geht es oft darum, wie die nötigen Freiräume aussehen, damit kreatives Arbeiten möglich wird. Was brauchst Du um kreativ zu sein?

Monika: Tja, wie alle wahrscheinlich: Telefon aus, Internet aus, abtauchen, in sich reinhören ob da was lebt, und wenn ja was das eigene Wesen denn jetzt gerne machen würde, ob es überhaupt was machen will. Träumen, blöd rumsitzen, üben, Sachen anmalen, (Wände, Möbel etc.), Musik hören, Bilder malen (und nie jemandem zeigen!), Pflanzen pflanzen, Langeweile kommen lassen, mit Freunden Musik machen, auf tolle Konzerte gehen, Wein trinken, tanzen gehen, in den See springen, durch den Wald rennen, Sterne anschauen, Vögel beim Zwitschern zuhören, Opa treffen und über sein Leben ausquetschen, hören was Freunde so treiben, Freunde treffen, einfach spazieren gehen, Tischtennis spielen, auf nen Baum klettern, zelten gehen… ich könnte ewig weiter aufzählen. Alles was sich gut anfühlt.

Jochen: In einer Big Band gibt es nicht nur viele Instrumente sondern sicherlich auch viele Meinungen. Wie bringst Du diese unter einen Hut? Wie entsteht dabei Neues? 

Monika: Die Kompositionen schreibe ich, dann wird es gespielt und es kommen Fragen oder Ideen, und dann öffnet sich das alles. Dann ist die Komposition draußen und wir tauschen uns aus und ich freu mich über Ideen und bin offen, und in den Solos sind meine Musiker komplett frei!

Jochen: Wo bist Du in 5 Jahren? Kann man das planen? Willst du das überhaupt?

Monika: Keine Ahnung, wirklich…

Jochen: Wenn Du Dir eine (technologische) Innovation fürs Gitarrenspielen wünsche würdest? Was wäre das?

Monika: Equipment, das sich nach dem Konzert selbst aufräumt, weiß gar nicht wieso es DAS noch nicht gibt!:)

Jochen: Vielen Dank für Deine Antworten und ich freue mich auf noch ganz viel neue Musik von Dir und Deiner Big Band.

LiveAmpere3©Emanuel Klempa

Rock n´Roll ist (fast) wie Design Thinking

Johannes 2014

Johannes Meyer unterstützt neben der Konzeption und Moderation offener Methodentrainings, Organisationen in kompakten Formaten dabei, Design Thinking auf eigene Innovations-fragestellungen anzuwenden. In zahlreichen Projekten hat er Teams aus verschiedenen Industrien bei der kreativen Entwicklung von Produkten, Services, Marken und Prozessen begleitet.
Er war als Lehrer in Sri Lanka und studierte in Potsdam und Atlanta Kulturwissenschaften, Medien und Betriebswirtschaft. Nach dem Zusatzstudium an der D-School wurde er Design Thinking Consultant bei SAP und arbeitete an Innovationen für Rechnungswesen, Handel und Banken. Neben seiner Arbeit ist er Sänger der Berliner Rockband DOWN TO NINE, begeisterter Koch und Rucksackreisender.

 

Jochen: Hallo Johannes, toll, dass Du Dir Zeit für ein Interview nimmst. Ich kenne Dich ja vor allem von der „Workshop-Bühne“ als wunderbaren Moderator von Design Thinking Workshops – was hält denn der Rocker in Dir von Deiner „Bühneshow“ bei Workshops?

Johannes: Vielleicht überrascht das, aber zwischen Workshops und einem Auftritt mit einer Rockband gibt es unglaublich viele Parallelen: Es geht darum Menschen mitzureißen, einen „Flow“ entstehen zu lassen – dabei sich selbst als Person treu zu bleiben und im Team zu funktionieren. Dabei findet jeder seine goldene Mischung aus akribischer Vorbereitung und Improvisation.

Jochen: Und wie würde das klingen, wenn der Design-Thinker bei der Band zum Mikrophon greifen würde?

Johannes: Tatsächlich ist eine Band aus meiner Sicht auch nichts anderes als ein komplexes Designteam. Eine Gruppe von Menschen mit verschiedenen Stärken, Schwächen und Perspektiven versucht in einem gemeinsamen kreativen Prozess etwas zu schaffen, das vorher noch nicht da war. Dabei kommen meiner Meinung nach viele Design-Thinking-Prinzipien zum Tragen.

Jochen: Das interessiert mich nun. Hast Du da Beispiele dafür?

Johannes: Auch in der Musik gibt es so etwas wie qualitative Designforschung – also Gelesenes, Gehörtes, neu Kombiniertes, das einen inspiriert. Nichts kommt von nichts. Dabei darf man sich nicht auf das beschränken was Hörer sich wünschen, denn dann kopiert man letztendlich nur Dinge, die es schon gibt.

Und dann: Auch musikalische Ideen müssen durch Machen bzw. Spielen und Ausprobieren weiterentwickelt werden. Je mehr man nur redet, desto ermüdender wird es, da bei vier verschiedenen Instrumenten sowieso jeder eine andere Sprache spricht und man sich ständig missversteht. Das gleiche kennt man aus Meetings, in denen allein durch diskutieren komplexe Innovationsfragestellungen gelöst werden sollen. Egal ob im Proberaum oder im Innovationsprojekt – man beschäftigt sich mit Dingen, die noch nicht da sind. Ohne ausprobieren, zeigen, anschaulich machen geht es einfach nicht.

Jochen: Ein Instrument spielt sich eben auch nicht von alleine. Welche Übereinstimmung siehst Du noch?

Johannes: Kreative Arbeit in einer schreibenden Band braucht aus meiner Sicht eine Menge Disziplin. Jemand muss den Prozess moderieren, Entscheidungen erzwingen, der Schlagzeuger muss auch mal still sein können (natürlich ein völlig zufällig gewähltes Beispiel). Diesen Bedarf an Struktur sehe ich auch in Innovationsprojekten.

Desweiteren werden unsere Rocksongs bei uns so wie Produkte und Services iterativ entwickelt: Von einem kleinen Fragment, das aufgenommen wird über viele Proberaumaufnahmen zum schicken Studio-Track. Wir haben auch schon Stücke auf der Bühne „geprototyped“, die noch nicht fertig waren, zu denen wir aber Feedback von unseren Fans brauchten.

Und schlussendlich: Das Ganze ist anstrengend, erfordert Geduld, Empathie und viel Zuhören. Wenn einem einzigen Teammitglied die Konzentration fehlt ,wird es für alle unproduktiv und man sollte lieber eine Pause machen.

Jochen: Viele Menschen verzweifeln meiner Meinung nach oft an dem Glauben, sich entscheiden zu müssen zwischen verschiedenen Vorlieben oder Dingen, die man gerne tut und auch gut kann. Du lebst das UND finde ich sehr gut und bist Design Thinker UND Musiker. Wie fühlt sich das UND an für Dich?

Johannes: Völlig gut natürlich – halt Rock n´ Roll den ganzen Tag. J

Jochen: Was ist denn dann Dein Tip für alle, die im „ENTWEDER – ODER“ feststecken?

Johannes: Vielleicht liegt eine mögliche Lösung darin, den gemeinsamen Kern von Liebhabereien und Projekt oder Job hauszuarbeiten? Was steckt wirklich dahinter, wenn du lieber ein Café hättest als ins Büro zu gehen? Ist es die alchemistische Kunst am Kaffee? Das Gastgeber sein? Oder das Gefühl einen „eigenen Laden“ zu haben? Vielleicht sind solche Dinge ja auch im Job vorhanden oder integrierbar und können als übergreifende Eigenschaft ausgelebt werden.

Jochen: Thema „kreativ sein“ – wir reden ja in unseren Workshops viel vom „kreativ sein“ und was es dafür braucht. Stimmt das so für Dich als Rockmusiker auch? Wie bist Du beim Musikmachen kreativ? Und kann sich der Design Thinker da noch was abgucken davon?

Johannes: Das ist eine wirklich spannende Frage.

Eine neue Idee entsteht in unserer Band meist aus einem Wechsel aus alleine zu Hause rumklimpern, im Proberaum gemeinsam probieren, dann wieder alleine Texte schreiben, gemeinsam probieren, bis am Ende einer den Deckel drauf macht und sagt: Aus all diesen Experimenten schlage ich diesen fertigen Song vor!

Jochen: Das heißt, ihr sitzt dafür nicht alle die ganze Zeit gemeinsam im Studio?

Johannes: Nein, absolut nicht. Dieser kreative Prozess hat interessanterweise eine ganze Menge eher kontemplative Rückzugsphasen. Ich glaube, dem könnten wir im Design Thinking oft noch mehr Raum geben.

Jochen: Vielleicht so, wie das in der Theory U gemacht wird? Spannende Übereinstimmung.

Johannes: Ja, zum Beispiel! Wenn wir Teamarbeit als Zusammenarbeits-Imperativ erzwingen, überfordern wir manche Menschen, die einfach auch ein stilles, zurückgezogenes Ambiente zum kreativ sein brauchen. Interessanterweise habe ich für mich erkannt: Auch wenn ich viel auf Bühnen stehe, sind meine Kreativ- und Erholungsphasen solche, in denen wenig passiert und ich allein bin. Letztens hat mir jemand gesagt, dass das dafür spricht, dass ich eigentlich ein introvertiert veranlagter Mensch bin. Wenn ich das Menschen in meinen Workshops oder bei Konzerten erzähle, lachen sie mich allerdings aus.

Jochen: Stimmt, das mag man Dir als „Rampensau“ so gar nicht zutrauen. Ich kenne das aber auch von mir! Letzte Frage: wann starten wir unser nächstes Buchprojekt und über was wollen wir schreiben?

Johannes: Als ich englische Linguistik studiert habe wollte ich ein Buch nur über das Wort FUCK schreiben, und träumte davon wie es, in roten Samt eingebunden und mit goldenen Lettern in Universitätsbibliotheken stehen würde. Das Projekt ist noch offen.

Davon abgesehen – wann sollte man ein Buch schreiben? Wenn man etwas zu sagen hat? Lass uns eins schreiben wenn wir glauben etwas verstanden zu haben.

Jochen: Darauf freue ich mich heute schon. Vielen Dank für Deine Zeit und weiterhin viel Spaß beim Rocken und Workshopen.

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Photo von Boris Kownatzki von b.bildert.

„Du spürst, wenn die Kreativität raus will“

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Der deutsche Trompeter Thomas Siffling ist bekannt für den progressiven Einsatz elektronischer Erweiterungen im Jazz. Seit Jahren gehört zu den Vorreitern und Wegbereitern der „Jungen“ deutschen Jazzszene und machte sich einen Namen bei unzähligen Gastauftritten auf der ganzen Welt (Russland, Indien, Sri Lanka, Kanada und ganz Europa).

Selbst sieht er sich als Grenzgänger, der Genres verbindet und Rahmen sprengt, Jazz und Popmusik aufeinander treffen lässt, diese durch elektronische Elemente erweitert und aber nie seine musikalischen Wurzeln außer Acht lässt.

Thomas Siffling kreiert eine wundervolle, intensive Klangerfahrung, die durch die Verschmelzung natürlicher und elektronischer Sounds entsteht. Eine Klangerfahrung, die nicht zuletzt dank seiner eigenen Kompositionen weltweit Anerkennung findet.

Seit 2004, also nunmehr 10 Jahren, ist er als Kurator für diverse Projekte im Bereich Musik, Kunst und Kultur tätig, immer mit der Maxime Raum für Innovation, Kreativität und Begegnung zu schaffen.

 

Jochen: Hi Thomas, vielen Dank, dass Du Dir Zeit nimmst für ein paar Fragen von mir. Du bist Trompeter, Bandleader, Komponist, hast ein eigenes Label, organisiert Festivals – bei solch einer Vielfalt: ist das mehr Stress oder willkommene Abwechslung für Dich?

Thomas: Na über all zu viel Freizeit kann ich mich sicherlich nicht beklagen –  aber Spaß beiseite: Meine wirklich vielfältigen Betätigungsfelder erfordern einen strikt durchgeplanten Tagesablauf, denn sonst wäre das alles nicht zu bewerkstelligen. Da ich aber ein strukturierter Mensch bin, fällt mir das nicht allzu schwer.

Interessant wird es natürlich auf Konzertreisen, da man da die tägliche Routine nicht mehr hat. Dafür habe ich ein System, dass ich immer und von überall auf alle meine Daten zugreifen kann. Insofern ist das arbeiten von fast jedem Platz in der Welt möglich. Sicherlich hilft mir aber auch ein gut funktionierendes Büro mit meiner Assistentin Laura und meinem Pressechef Christian sehr.

Jochen: Du bist von berufswegen kreativ – fällt Dir das immer leicht? Bzw. was brauchst Du, um kreativ zu sein?

Thomas: Nein ganz und gar nicht. Denn Kreativität braucht eigentlich Zeit, und das ist das, was ich in der Regel sehr wenig habe.

Ich muss mir von daher die Zeit nehmen kreativ zu sein. Der erste Schritt muss aber im Kopf passieren. Du musst auch bereit sein, kreativ zu werden. Man kann das nicht erzwingen. Ich brauche, sehr zu meinem Leidwesen, immer einen relativ hohen Druck bis ich wirklich anfange kreativ im musikalischen Prozess zu werden. Die alltägliche Kreativität im kuratieren im Marketing und in der Label Arbeit fällt mir da schon einfacher.

Jochen: Wie würdest Du denn Kreativität definieren?

Thomas: Du spürst Sie, wenn Sie da ist oder besser gesagt raus will. Raus will sie z.B. beim Komponieren oder bei Erschaffen von etwas neuem. Plötzlich ist es da und du spürst es und es fühlt sich gut an. Sei es eine tolle Melodie oder eine Idee für eine Konzertreihe. Ist egal du spürst dass es da ist. Sei es bei einem Konzert, wenn du in der Musik aufgehst, und spürst, dass es wie von alleine läuft.

Jochen Du machst Dir neben Deiner Musik auch viele Gedanken, wie Du davon gut leben kannst. Wie kommt es,  wo doch die viele Musiker sich ganz ihrer Kunst widmen?

Thomas: Ich will mich natürlich auch ganz der Kunst widmen, aber will dabei auch nicht auf ein für mich „gutes“ Leben verzichten. Durch meine Vita habe ich schon früh vielseitige künstlerische Betätigungsfelder gehabt, die mir sicherlich dabei helfen meinen/unseren Lebensstandard aufrecht zu halten.

Generell geht es aber auch da immer um Kunst und Kreativität. Denn meiner Meinung nach, genügt es Heute auch nicht mehr, „nur“ noch Künstler zu sein. Du musst lernen dich selbst zu vermarkten, Dir Gedanken machen über eine Karriereplanung, Konzerte organisieren, Musik schreiben etc. pp. Also ein vielschichtiger Beruf.

Allerdings bewundere ich auch die Kolleginnen und Kollegen, die nicht bereit sind Kompromisse zu machen und die wirklich nur für Ihre Musik leben.

Jochen: Also muss ein Musiker heutzutage auch Geschäftsmann sein? Und wenn wo kann er das dann lernen?

Thomas: Wie oben beschrieben gehört meiner Meinung nach Heute viel mehr dazu als „nur“ ein guter und toller Musiker zu sein. Du muss heutzutage auch einen gewissen Sinn fürs Geschäft haben. Anders wirst du dich sonst aus der großen Masse nur noch mit sehr sehr viel Glück hervorheben können.

Das ist meiner Meinung nach das große Problem an unserem Ausbildungssystem. Der neuen Situation wird, wenn überhaupt nur am Rande, Rechnung getragen. Es wird viel zu viel ausgebildet, und dabei vergessen, dass man eben neben seinem Handwerk auch das Drumherum lernen muss.

Jochen: Dein Sohn trommelt ja schon eifrig auf seinem ersten Schlagzeug – kann er da was von seinem Vater dem Musiker lernen?

Thomas: Na ja der erste Hype ist schon wieder vorbei. Er trommelt nur noch wenn Freunde da sind um anzugeben.

Aber das kommt sicherlich wieder wenn er wieder regelmäßig auf Konzerten ist.

Ich denke er lernt keine Kreativität, er sieht eher wie sein Vater viele Sachen vielleicht etwas anders und entspannter macht. Wir versuchen im viel Freiheit zu lassen aber doch auch klare Grenzen zu ziehen, damit er sich entfalten kann und dann auch natürlich in einer Art und Weise kreativ wird. Er darf uns soll viel ausprobieren und wir trauen ihm auch viel zu bzw. lassen ihn Sachen auch ausprobieren.

Jochen: Du hast als Leiter der SAP Big Band mit ganz viel IT-Experten in der Band zu tun – Glück oder Herausforderung?

Thomas: Beides. Glück dass ich das Glück, habe eine Big Band formen und musikalisch nach vorne bringen zu dürfen, was mir immer noch sehr viel Spaß macht.

Herausforderung sicherlich ab und zu mit der Mentalität, die dann doch ab und zu sehr verschieden zu meiner sein kann. Aber alles in allem ist es eine wirklich glückliche Ehe mit ganz normalen Hochs und Tiefs. Ich von meiner Seite kann und will nicht klagen.

Jochen: Last but not least: ich spiele ja bald das gleiche Instrument wie Du und freue mich riesig drauf. Wie wichtig ist denn gutes Werkzeug für die Kunst?

Thomas: Das Werkzeug wie Du so schön sagst gibt uns ja erst die Möglichkeit unsere Kreativität oder unsere Musik in unserer persönlichen Art erklingen und erstrahlen zu lassen.

Insofern ist es ganz wichtig das richtige Werkzeug zu haben um sich auf der Seite sehr wohl zu fühlen und das Gefühl zu haben alles auch so ausdrücken zu können wie man es sich musikalisch vorstellt. Ohne Kompromisse. Auch wenn die Trompete ein Instrument ist das immer wieder neu erobert werden will und muss J

Manchmal ist die Reise eine lange und schmerzvolle und manchmal will es der Zufall dass man gleich zum richtigen Material geführt wird. Wobei man bei seiner musikalischen Entwicklung durchaus das Ein oder Andere mal nachjustieren muss und darf.

Jochen: Dank Dir und ich freue mich bald wieder was Neues von Dir zu hören.

 

„Kreativität ist für mich vor allem eine Haltung“

Daniel-Prandl-1Der aus Burghausen stammende Pianist Daniel Prandl hat in Mannheim und Helsinki Jazz studiert.
Bereits als Student konnte er zahlreiche Auszeichnungen entgegennehmen, darunter ein Solistenpreis des Hochschulwettbewerbs der Rektorenkonferenz und das Stipendium der Kunststiftung Baden Württemberg. Inzwischen zu einem der gefragtesten Musiker der Rhein-Neckar-Region avanciert, ist Daniel an zahlreichen musikalischen Projekten beteiligt: In der Allstar-Band Jazzgrooves von Dirik Schilgen sorgt er im Mainstream-Kontext ebenso für kreatives Aufsehen wie im Duo mit dem Mannheimer Trompeter Thomas Siffling. Er ist festes Mitglied der Band „Schlag auf Schlag“, die Radio- und Fernsehproduktionen für NDR, WDR und SWR musikalisch gestaltet und Kopf seines eigenen Quartetts, dessen Debütalbum „Fables & Fiction“ im Sommer 2012 erschienen ist. Außerdem arbeitet er regelmäßig für das Nationaltheater Mannheim, sowie das Capitol Mannheim. Seit mehreren Jahren hat er einen Lehrauftrag für Jazzklavier an der Mannheimer Musikhochschule inne. Mehr Infos unter: www.danielprandl.de

 

Jochen: Hallo Daniel, es freut mich, dass Du Dir heute Zeit für ein Interview mit mir nimmst. Wenn ich mir alle Deine Aktivitäten anschaue, hast Du ja ein richtig abwechslungsreiches Musikerleben. Und dabei bist Du sicherlich „von Berufs wegen“ kreativ nehme ich an. Bei den Innovations-Workshops, die ich betreue, ist oft und viel von den (Frei-) Räumen die Rede, die kreatives Arbeiten inspirieren und fördern. Wie sehen denn diese Freiräume für Dich aus – wie und wann bist Du kreativ?

Daniel: Für mich ist Kreativität nichts, das ich auf Knopfdruck herstellen kann. Kreativität ist für mich vor allem eine Haltung: „Kreativ sein“ bedeutet für mich zuerst einmal mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und Einflüsse von Außen zuzulassen, mit denen ich mich dann auseinander setze. Ich übernehme dabei keine diese Einflüsse „blind“, sondern reflektiere durchaus kritisch, ob und wie ich einzelne Aspekte kopieren oder adaptieren möchte – bzw. auch kann.

Denn unter Umständen bedeutet das für mich, dass ich mir dafür neue handwerkliche Fähigkeiten aneignen muss oder mich mit dem Thema auch intellektuell auseinandersetzen muss, um es wirklich zu „Meinem“ machen zu können. Da geht es dann aber nicht um das stupide Auswendiglernen oder dem „Schreibmaschine spielen“ auf dem Klavier. Denn natürlich müssen die Finger auch mal möglichst schnell von „A“ nach „B“ – und da ist natürlich auch viel Üben nötig – aber alles Üben und sich Beschäftigen untersteht für mich immer einem kreativen Grundgedanken bzw. dem kreativen Ziel, das ich erreichen möchte.

Jochen: Weißt Du denn immer, wohin Du willst in Deiner kreativen Arbeit?

Daniel: Nein auf keinen Fall. „Make a plan. Change a plan“ – das trifft auch auf mich zu. Und vor allem auf Jazzmusik. Denn da gibt es „das perfekte“ Konzert“ oder das „perfekte Solo“ gar nicht bzw. die Frage danach stellt sich für mich überhaupt nicht.

Wenn ich beispielsweise mit meinem Quartett an mehreren Abenden hintereinander spiele, ist jeder der Abende anders. Vielleicht nicht radikal anders, denn natürlich haben wir eine gemeinsame Vision für unsere Musik, die wir machen wollen. Aber es gibt durchaus Parameter und Impulse, die jeden Abend variieren und uns und unsere Musik beeinflussen.

Jochen: Welche Parameter und Impulse können das denn beispielsweise sein?

Daniel: Na wenn ich beispielsweise ein Stück, das ich normalerweise einzähle, stattdessen direkt mit einer Einleitung beginne ohne das vorher abzusprechen. Natürlich ist die Band erfahren genug, das nicht als „Fehler“ meinerseits zu interpretieren sondern stattdessen neugierig zu lauschen und sich inspirieren zu lassen. Dadurch kann man die Stimmung einer Komposition durchaus variieren.

Jochen: Und das funktioniert dann?

Daniel: (lacht) Meistens schon. Es kommt aber natürlich darauf an, dass ich dabei einen sinnvollen Bogen spanne und der Band die Möglichkeit gebe, mit einzusteigen. Meine Mitmusiker müssen dazu natürlich aufmerksam genug sein, dieses Angebot anzunehmen und sich auf das einzulassen, was ich ihnen in meiner Einleitung angeboten haben.

Jochen: Sich also wirklich gegenseitig zuhören und sich inspirieren lassen von den anderen …

Daniel: … ja absolut – ansonsten könnten wir nicht gemeinsam Musik machen.

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Jochen: Besprecht ihr denn das dann nach dem Konzert? Macht ihr quasi eine Konzert-Retrospektive?

Daniel: Ja, in meinem Quartett reden wir durchaus über das letzte Konzert. Du darfst aber nicht vergessen, dass man nach so einem Konzert relativ leer und ausgepumpt ist, da hast Du einfach nicht die Muse für ausgiebige Spielbesprechungen. Wenn es einen Mitschnitt gibt, dann machen wir das teilweise nachträglich in aller Ruhe, und dann hört man durchaus interessante Aspekte, die wir  besprechen und uns dann auch für zukünftige Konzerte merken.

Jochen: Kann denn dann so ein Konzert überhaupt schief gehen?

Daniel: Na es könnte schon sein, dass sich zum Beispiel der Saxophonist an dem einen Abend in ein Solo von mir einmischt, das normalerweise nur vom Schlagzeug und dem Bass begleitet wird. Das kann natürlich auch schief gehen – es kann aber auch Türen öffnen. Und wenn es tatsächlich in die Hose geht, dann nicht notwendigerweise weil die Idee schlecht war, sondern weil ich oder die Band in dem Moment nicht drauf vorbereitet war und entsprechend darauf reagieren konnte. Wenn wir die Idee gut finden, dann nehmen wir uns vor, das wieder auszuprobieren oder wir proben das explizit, um damit wieder eine weitere Vokale, eine weitere„Schublade“ zu haben, die wir als Band öffnen können. So wächst dann natürlich auch die Band, so wächst meiner Meinung nach letztendlich jedes Team.

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Jochen: Das ist ein gutes Stichwort:  Design Thinking ist meist Teamwork und daher beschäftigt mich oft die Frage nach dem „richtigen“ Team und ich empfehle beispielsweise wann immer möglich mit interdisziplinären Teams an den anstehenden Fragestellungen zu arbeiten. Wie stellst Du Deine Band, Dein Team zusammen, mit dem Du Deine Musik machen willst?

Daniel: (lacht) Also es gab auf jeden Fall kein Casting. Aber natürlich kenne ich nach all den Jahren in der Musikszene viele Musiker und kann auch deren Stärken und Schwächen einschätzen. Perfekt ist niemand und das ist auch vollkommen in Ordnung. Letztendlich überlege ich mir, welche Art von Musik ich machen möchte, wer da musikalisch gut reinpassen könnte und wer überhaupt Zeit und Lust hat.

Vor allem aber überlege ich mir, wer als Band gut harmonieren könnte, nicht nur musikalisch sondern auch auf einer persönlichen und menschlichen Ebene. Denn in meinem Quartett möchte ich wirklich gemeinsam Musik machen, und da braucht es dann eben mehr als bei irgendeinem „Job“, die es natürlich auch gibt als Profi.

Jochen: Spielt dann auch „Teambuilding“ eine Rolle?

Daniel: Klar, auf jeden Fall. Unter Umständen ist das gemeinsame Glas Wein am Abend fruchtbarer als ein ganzer Probentag. Man lernt sich kennen, spricht über Musik, inspiriert sich gegenseitig und lernt voneinander. Nach solchen Abenden sind die anschließenden Proben oft viel produktiver, weil jeder besser versteht, was der andere vorhat und welche Musik der andere machen möchte.

Jochen: Hast Du als Bandleader eigentlich immer das letzte Wort wenn es um Eure Musik geht?

Daniel: Also ehrlich gesagt bin ich, was meine Musik angeht, kein Fan von Demokratie bin. Jeder darf natürlich seine Meinung äußern, und ich habe oft schon eigene Ideen auf Grund von tollen Anregungen aus der Band verworfen oder angepasst. Die Entscheidung liegt aber letztendlich immer bei mir, wobei ich immer wieder überrascht bin, wie viele meiner ursprünglichen Ideen sich dann im Laufe eines Projektes verändern und in eine ganz andere Richtung entwickeln.

Dieses Feedback von außen ist aber wirklich sehr wichtig und wertvoll, weil ich mich natürlich ab und an beim Komponieren auch im Kreis drehe und das Eine oder Andere für gegeben hinnehme, was aber dann gar nicht so sein muss.

Jochen: Im Design Thinking geht es u.a. auch darum, Ideen möglichst früh anfaßbar und testbar zu machen um damit von Anfang an Feedback von anderen Teammitgliedern oder potentiellen Nutzern zu ermöglichen. Wie gehst Du mit Deinen musikalischen Ideen um? Wie schnell präsentierst Du diese anderen, sozusagen als „musikalischer Prototyp“?

Daniel: Bei meiner ersten CD war die Musik im Grunde fertig, als ich mit der Band angefangen habe. Bei der neuen CD möchte ich  definitiv anders vorgehen und auch schon mit nur einer Melodie oder auch nur  einer musikalischen Skizze anfangen, und die Musik zusammen mit der Band entwickeln. Bei der ersten CD hatte ich also im Prinzip die Musik fertig auf dem Notenpapier stehen, wusste welche Stimmung ich erreichen möchte, wie ich die Instrumente einsetze. Bei der neuen Produktion möchte ich  die Band, das „Team“, auf jeden Fall früher und stärker integrieren.

Jochen: Wie wichtig ist dabei Inspiration von Außen?

Daniel: Sehr wichtig. Gerade wenn wir an neuen Stücken arbeiten, wird beispielweise vor oder nach einem Konzert viel miteinander geredet und dabei spielt Musik von anderen Bands immer eine große Rolle: „Hör Dir doch mal die Nummer 3 an auf der einen oder andere CD, das könnten wir doch auch für uns adaptieren“ beispielsweise.

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Jochen: „Build on the ideas of others“ also …

Daniel: ….ja absolut. Es gibt ja das berühmte Zitat von Strawinsky, wonach gute Komponisten sich Ideen leihen, hervorragende Komponisten sich aber Ideen klauen. Das ist vielleicht ein wenig provozierend formuliert, aber meiner Meinung nach erfindet kein Musiker das Rad neu, sondern baut auf dem auf, was schon da ist. Und dieses Zusammenstecken von Bausteinen, die es im Grunde alle schon gibt, ist dann natürlich im besten Fall ein sehr kreativer Prozess, in dem dann auch Neues entstehen kann.

Jochen: Wie weit geht dann die Inspiration von Aussen? Hörst Du Dir als Jazzer zum Beispiel auch die Heavy-Metal-Abteilung an, um neue Ideen zu bekommen?

Daniel: Das wäre jetzt natürlich eine nette Geschichte fürs Interview, aber nein – soweit gehe ich normalerweise nicht. Aber andererseits höre ich in der Tat sehr viel unterschiedliche Musik (wobei Heavy Metal nicht dazugehört). Aber ich höre sehr viel Klassik und fast alle Arten von Jazz – und das ist ja sowieso eine Hybridform, in der sich alle möglichen Einflüsse wiederfinden.

Und natürlich bin ich auch stark beeinflusst von Pop und Rock, das kann man heutzutage kaum verhindern denke ich. Wobei ich dabei dann schon den Anspruch habe, nicht in Trivialitäten abzudriften.

Jochen: Was Dir auch immer gelingt, wenn ich an Deine tolle erste CD denke. Vielen Dank für Deine Zeit und ich freue mich schon auf Deine neue CD.

810AoXGkvnL._SL1242_ Daniel Prandl´s erste CD Fables & Fiction