Der erste Pass

SoluKhumbu2015-069

Ich sitze – richtig geraten! – im gutgeheizten dining room und lasse zusammen mit etlichen anderen Gästen und dem Großteil unsere Träger den Tag Revue passieren. Ein echter, erster Höhepunkt.

Kurz nach 7 am Morgen habe ich mich noch recht ungerne aus meinem warmen Schlafsackparadies verabschiedet, aber es hilft ja alles nichts und den schon beschriebenen morgendlichen Ritualen folgend waren wir gut eine Stunde später schon auf dem Weg zum Renjo Pass.

Über Nacht gab es nochmals mehrere Zentimeter Neuschnee, was aber den blauen Himmel über uns jetzt nicht daran hindert, ein wirklich blauer Himmel zu sein. Wunderschön, sich mit so einem Blick aufmachen zu können.

Anfangs geht es noch recht gemütlich und im Schatten die ersten Anhöhen empor, später dann wird es aber seeeeehr steil und noch steiler und die Sonne brennt dazu fast schon hochsommerlich vom Himmel. Da bin ich hin- und hergerissen, ob ich mich nun eingepackt lasse, weil der Wind doch kräftig und kalt weht, oder im T-Shirt gehe. Frieren oder schwitzen das ist hier die Frage.

Lawang scheint das nicht zu kümmern, denn er schwitzt offensichtlich nicht und nimmt den immer steiler werdenden Anstieg zum Pass mit Lachen und im Laufschritt. Sherpa müsste man sein denke ich, und mache alle fünf Meter Pause und verschnaufe.

Die letzten Serpentinen sind dann aber trotzdem eine echte Tortur, die ich dann aber umso mehr bejubele, sobald ich den Pass überquere. Peter erwartet mich mit gezücktem Objektiv und stolz stelle ich mich in Pose. Fürs Sprungfoto fehlt mir aber die Kraft, ich wähle die klassische „Mann auf Berg“-Pose und strahle mit der Sonne über mir um die Wette.

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Zusammen mit Peter und Lawang erwarten und begrüßen wir alle anderen Ankommenden, und gut fünf Stunden nach unserem Aufbruch an der Lodge sitzen wir alle wohlbehalten aber ganz schön geschafft auf dem Pass und lassen uns von Markus fürs nächste clearskies-Mannschaftsfoto ablichten.

Doch das ist heute erst die halbe Miete, denn nach einer ausgiebigen Verschnaufpause inklusive Müsliriegel und Himalaya-Panorama geht es nun über eine tief verschneite Gletscher-Moräne steil bergab Richtung Gokyo, unserem heutigen Tagesziel. Ich packe zum ersten Mal meine Stöcke aus, und bin über den zusätzliche Halt wirklich froh.

Der Weg zieht sich in die allseits bekannte Länge, doch am späten Nachmittag erreichen wir unser Ziel – herrlich gelegen an einem tiefblauen See, der aber zum Baden eindeutig (!) zu kalt ist.

Gokyo hat sich in den letzten Jahren vor der abgelegenen Yak-Alm zum vielbesuchten Touristenörtchen gemausert, und so werden wir nach der Tristesse vom Vorabend mit free wifi, german bakery und vor allem meiner heiß ersehnten nicht ganz so heißen hot shower verwöhnt. Die mir trotzdem fünf Euro wert ist und die letztendlich nur aus einem Eimer besteht, der von oben mit warmen Wasser gefüllt wird und mich nach unten über einen Schlauch im wahrsten Sinne des Wortes nass macht. Und wenn man ganz laut more please ruft, gibt es vom Hausherrn sogar noch einen kleinen Warmwassernachschlag, Wanderherz was willst Du mehr.

Internet, Dusche, warmes Wasser, Akku aufladen, frisches Trinkwasser, Snickers, Cola, Chips – damit verdienen sich die Wirte der Lodges ganz offensichtlich eine goldene Nase und ich muss immer grinsen, wenn ich sie dabei beobachte, wenn sie ihr nepalesisches Geld stapelweise vor sich haben und eifrig am zählen sind.

Die german bakery lassen wir uns natürlich nicht entgehen, doch anscheinend wurde nicht mehr mit uns gerechnet, denn als ich zusammen mit Markus, Andrea, Peter, Ellen und Christian den leeren Raum betreten, wird uns erst einmal Licht gemacht und ein paar Minuten später auch schon der Ofen in der Mitte angeworfen. Zum Glück nicht mit den cineman roles oder dem leckeren chocolate cake, sondern mit dem mittlerweile allseits bekannten Yak-Dung.

Und: da ist er wieder! Der überraschend sehr gute Cappuccino. Und das auf fast 5000 Meter Höhe. Eine wie ich finde sehr gute Entwicklung, denn in 2010 hatten wir davon allenfalls geträumt und uns ansonsten an black tea gehalten.

Am Abendessen breche ich mit der Tradition und lasse Dhal Bhat links liegen und widme mich stattdessen mit größter Hingabe den veg fried maccaroni with cheese. Fast wie beim Italiener und nach etliche UNO-Runden mit den üblichen Verdächtigen geht es für mich schon kurz nach acht ins warme Schlafsackbettchen. Hundemüde und mit schweren Beine aber glücklich und zufrieden mit mir und der Welt.

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